Der Winter ohne Schnee ist keine Zukunftsvision mehr, sondern längst Realität. Und er bringt vieles ins Rutschen. Nicht nur Schneegrenzen, sondern ganze Hotelstrategien.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Seit den 1950er-Jahren hat sich die Schneegrenze in den Alpen bereits um mehr als 100 Höhenmeter nach oben verschoben. Die Neuschneemenge im Alpenraum ging insgesamt um rund 34% zurück. Und der Winter 2024/25 war besonders extrem: Die Schneehöhe lag nördlich des Alpenhauptkammes um 55% und südlich davon sogar um 70% unter dem Mittelwert.
Für viele Hoteliers ist das eine echte Zäsur. Die weiße Pracht Schnee, jahrzehntelang zentrales Verkaufsargument im Wintertourismus, wird zur Unsicherheit. Spontanbucher bleiben weg, wenn keine Pisten locken. Lifte stehen still. Die Wintersaison gerät aus dem Takt.
Doch die Nachfrage nach Winterurlaub ist keineswegs eingebrochen. Im Gegenteil: Der Winter ist nicht verloren. Er verändert nur seine Form. Und fordert eine neue Positionierung.
Winterurlaub ohne Schnee: Warum die Nachfrage bleibt
Die Wintersaison 2023/24 zeigt: Trotz Schneemangels bleibt die Nachfrage robust. Österreich verzeichnete 71,1 Millionen Nächtigungen – ein Plus von 2,5% gegenüber dem Vorjahr. Das gesamte Jahr 2024 brachte Österreich sogar 154,29 Millionen Nächtigungen – ein neuer Rekord.
Was bedeutet das? Die Reisegründe haben sich verändert. Winterurlaub ohne Schnee ist keine Ausnahme mehr, sondern neue Normalität. Während etwa 18% der Deutschen grundsätzlich Skifahrer sind, machen 66% der Befragten grundsätzlich keinen Skiurlaub. Stattdessen suchen sie: Wellness. Wandern. Genuss. Natur. Und vor allem: Erholung ohne Schneestress. Laut Erhebungen verbringen 27% der Winterreisenden einen Erholungsurlaub, 14% einen Natururlaub und 12% machen Winterurlaub im Schnee – ganz ohne Sport.
Neue Strategien für den Wintertourismus der Zukunft
Mutige Hotels setzen längst auf wetterunabhängige Erlebnisangebote und neue Zielgruppen. Wer statt Skipauschale auf Genuss, Kultur, Bewegung und Familienangebote setzt, spürt: Die Nachfrage ist da. Besonders Wellnesshotels, Erlebnisanbieter und familienfreundliche Betriebe mit Indoorangeboten trotzen dem Klimawandel und sichern sich stabile Auslastungen übers ganze Jahr.
Was dahinter steckt, zeigt ein Blick auf die Megatrends, wie sie das Zukunftsinstitut beschreibt: Neo-Ökologie (Nachhaltigkeit wird zum zentralen Entscheidungskriterium), Silver Society (eine aktive, genussorientierte Generation 60+) und der Wunsch nach Resonanz – echte Verbindung statt austauschbarem Konsum. Diese Trends verändern nicht nur die Reisegründe, sondern auch die Anforderungen an Gastgeber. Gefragt sind Konzepte, die emotionale Tiefe, Sinnhaftigkeit und Werteorientierung bieten – nicht nur Inszenierung. Wer einen Winterurlaub ohne Schnee glaubhaft und sinnstiftend gestalten kann, trifft den Nerv der Zeit.
Best Practice: Erfolgreiche Winterkonzepte ohne Schnee
Statt klassischer Skipauschalen inszeniert das Hofgut im Salzburger Land den Winterurlaub heute als vielseitige Erlebniszeit ohne Schneezwang. Gäste genießen hier bewusst die „Winterwoche ohne Ski“: Neben komfortablen Apartments warten regionale Kulinarik, Indoorspielwelten für Familien, Massagen, Alpaka-Wanderungen sowie winterliche Aktivitäten wie Rodeln, Schneeschuhwandern und Pferdeschlittenfahrten – alles so konzipiert, dass auch wenig Schnee kein Problem darstellt. Highlights wie der Lucky Flitzer Alpincoaster und flexible Outdoor-Erlebnisse sorgen für Spaß – unabhängig von der Schneelage. Das Hofgut zeigt eindrucksvoll, wie attraktive Winterpakete ganz ohne Skifahren funktionieren und neue Zielgruppen begeistern.
Auch der Naturpark Ammergauer Alpen setzt mit seinem Angebot „Spaß ohne Schnee“ auf kreative Alternativen zum klassischen Wintertourismus: Ob geführte Winterwanderungen, Wellness im regionalen Ambiente, Ausflüge auf Winterradwegen, Familienaktivitäten in Indoorparks oder kulturelle Genüsse wie Märkte und Museen – hier wird der Winter als inspirierende Ganzjahreszeit inszeniert. Die Region beweist, dass Erlebnisse und Entschleunigung wichtiger als Schneegarantie sind.
Einen weiteren Perspektivwechsel liefert die österreichische Initiative NoSki Instructor. Die Kampagne lädt Gäste ein, Winter abseits von Skifahren ganz neu und aktiv zu erleben – von professionell angeleitetem Winterwandern über Eisbaden bis hin zu kulinarischen und Wellnessangeboten. Humorvolle Videos sorgen für Aufmerksamkeit, und die Kommunikation fokussiert bewusst auf den Perspektivwechsel zur nachhaltigen, wetterunabhängigen Wintererfahrung.
Wie Hotels den Winter ohne Schnee erfolgreich gestalten
Hotels, die auch im Winter erfolgreich sein wollen, brauchen mehr als nur wetterunabhängige Angebote – sie brauchen eine klare Positionierung mit echtem Profil. In Zeiten, in denen Massentourismus zunehmend hinterfragt wird, gewinnen Betriebe, die auf Slow Travel mit Achtsamkeit, Nachhaltigkeit, authentischen Begegnungen und Entschleunigung setzen. Sanfter Tourismus statt Massentourismus wird zum Wettbewerbsvorteil.
Die eigene Persönlichkeit herausarbeiten ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. Das bedeutet:
Werte sichtbar machen: Nachhaltigkeit, regionale Verankerung und ökologisches Bewusstsein sind keine Modeerscheinungen, sondern Entscheidungskriterien für über 70% der Reisenden. Hotels sollten zeigen, wofür sie stehen – durch Partnerschaften mit lokalen Produzenten, Kulturschaffenden und Aktivguides, konsequent gelebte Nachhaltigkeit und flexible Buchungsmodelle.
Authentische Begegnungen schaffen: Individuell gestaltete Formate wie Retreats, Mikroabenteuer, kreatives Handwerk oder kulinarische Events. Slow Travel-Gäste suchen Tiefe statt Oberfläche, Qualität statt Quantität.
Entschleunigung als Versprechen: In einer beschleunigten Welt wird Langsamkeit zum Luxus. Hotels, die bewusst Zeit schenken – durch Langschläferfrühstück, flexible Tagesabläufe oder Rückzugsorte mit Weitblick – sprechen eine Zielgruppe an, die Erholung ernst nimmt.
Regionale Identität stärken: Kooperationen mit Museen, regionalen Märkten, Handwerksbetrieben oder Naturführern verankern das Hotel tief in seiner Umgebung und schaffen Erlebnisse, die in Erinnerung bleiben.
Mit diesen Bausteinen lassen sich unterschiedliche Zielgruppen begeistern – Paare, Soloreisende, die aktive Silver Society oder naturverbundene Familien. Und das alles ganz unabhängig von Schnee und Piste.
Fazit
Der Winter ohne Schnee ist kein Schicksal. Er ist eine Einladung zur Innovation im Wintertourismus. Hoteliers, die ihr Konzept anpassen, ihr Profil schärfen und ihre Werte klar kommunizieren, können nicht nur mithalten – sondern neue Wege gehen. Wer sich jetzt neu positioniert, macht aus Unsicherheit ein Erlebnisversprechen. Statt Trübsal zu blasen, heißt es: den Winter emotional aufladen, Kooperationen stärken, das eigene Alleinstellungsmerkmal weiterentwickeln.
Die Zukunft ist gestaltbar. Gerade jenseits der Piste. Und der Winterurlaub ohne Schnee ist nicht das Ende – sondern eine neue Chance für inspirierende Hotellerie mit Überzeugung, Authentizität und einem klaren Bekenntnis zu nachhaltigem, sanftem Tourismus.
TEXT/ Hotelmarketing Gruppe; Kristina Nagl
FOTO/ KI generiert
MEHR/ www.hotelmarketing.de
QUELLE/ Alpenverein.de; Statistik Austria; Geosphere Austria