Streaming Places

Abseits des Mainstreams entstehen Orte des konzentrierten Erlebnisses. Menschen sind zunehmend gewohnt, zu verreisen. Mehr als 60% der Deutschen über 14 Jahren haben in den vergangenen drei Jahren jeweils mindestens eine Urlaubsreise getätigt. Es ist somit nicht mehr die Reise an sich, die die Menschen überrascht und begeistert. Daher suchen immer mehr Gäste nach Nischen und individuellen Angeboten. Andererseits sucht man aber auch vermehrt nach Hotels, die es schaffen, einen Moment des positiven Überraschtseins zu inszenieren. In dem sich das ach so gewohnte zum Ritual erhebt. In dem nicht Zufall über das Erlebnis entscheidet, sondern das Bewusstsein.

Ein ort ABSEITS vom ALLTAGsgeschehen

Dies muss jedoch nicht gleich eine Attraktion á la Disney World sein. In unserer multioptionalen, urbanen und mobilen Gesellschaft sind es nicht die Übertreibungen, die den Menschen den Atem rauben. Es sind die Momente, in denen man ganz bei sich sein kann und eine freie Aufmerksamkeit erleben darf. Frei – das bedeutet eine Zeit, ohne permanent an Kaufoptionen erinnert zu werden. Das bedeutet Kleinigkeiten, an die man so nicht gedacht hätte. Das kann auch eine Architektur sein, die es schafft, die Kraft des Ortes deutlich zum Wirken zu bringen.

EIN ort der konzentration

Hotels können geradezu ideal sein auf diese Sehnsucht der Konsumenten reagieren, indem sie ihr ganzes Programm darauf abstimmen. Dabei bleibt der Begriff „Streaming Places“ viel schuldig. Er ist in diesem Fall nicht wirklich objektivierbar, da er mehr ein subjektives Erleben spiegelt. Es geht nicht so sehr um ein Konzept, dem man einfach nur folgen muss, als vielmehr um das Gespür eines Hoteliers, sein Hotel zu einem strömenden Ort zu machen. An dem möglich ist, was in unserem Alltag kaum mehr funktioniert: Konzentration.

Ein Ort der Rückbesinnung

Es geht damit in Zukunft mehr denn je darum, ein „Hotel“ als einen Ort zu definieren, an dem Menschen im tieferen Verständnis ankommen können. An dem sie sich zur Ruhe legen, Gedanken nachhängen, miteinander reden oder einfach nur nichts tun. Das Rauschen unseres Alltagsgetöses ist enorm laut geworden und dabei wünschen sich die Menschen Orte, an denen sie auf- und durchatmen können. Was ein wenig abgehoben oder esoterisch klingen mag, wird zur Voraussetzung für die Zukunft. Ohne Orte der Konzentration, ohne Orte, an denen man sich sammeln kann, wird gerade die wachsende Zahl der Menschen der kreativen Klasse nicht auskommen.

 

TEXT/ Harry Gatterer

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