FOOD TRENDS 2022 – NACHHALTIG UND GESUND MUSS ES SEIN

Fleischalternativen, Insekten, Zero Waste und Regionalität, das sind die zentralen Themen der Food Trends 2022 im mittlerweile 9. Food Report des Zukunftsinstituts. Viele dieser Trends sind schon lange bekannt, doch wurden sie durch Corona befeuert und vorangetrieben. Das zentrale Thema, das sich in allen Bereichen der Gesellschaft wiederfindet und auch im Bereich Food angekommen ist, ist Nachhaltigkeit. Angestoßen vom Nachhaltigkeitsgedanken wächst die Zahl der Flexitarier rasant und mit ihnen der Anspruch an Gastronomen und Hoteliers. Das neue Ernährungsbewusstsein sorgt jedoch auch für neue Chancen und Möglichkeiten.

The new normal

Die Ernährungswissenschaftlerin Hanni Rützler reflektiert im Food Report seit 2014 den Wandel in der Esskultur. Gerade in Zeiten von Corona seien die Beobachtungen besonders spannend, weil der Wandel enorm an Tempo dazugewonnen habe. Die Food Trends aus der Pandemie werden laut ihren Aussagen nicht nur das Jahr 2022 bestimmen, sondern auch darüber hinaus für ein verändertes Essverhalten sorgen. Die Frage ist natürlich, welche Veränderungen sich langfristig durchsetzen und in welchen Bereichen wir uns wieder zurückbesinnen. Rützler prognostiziert, dass insbesondere diejenigen Verhaltensweisen bleiben werden, die ein Stück neue Lebensqualität gebracht haben. Für viele Menschen bedeutet der Zugewinn an Freizeit und die Auseinandersetzung mit der eigenen Ernährung genau dieses Stück neue Lebensqualität. Die Folge: Die Ernährung hat an Aufmerksamkeit gewonnen und ist im Alltag vieler Menschen so präsent wie nie zuvor.

Home Cooking – Womit alles begann

Viele Menschen haben im Zuge der Entschleunigung begonnen, selbst zu kochen. Genau dies war der Ausgangspunkt für alle Entwicklungen im Ernährungswesen, die durch Corona angestoßen wurden. Essen war plötzlich das Highlight des Tages und damit ein zentrales, strukturgebendes Element. Es ist gerade daher eine neue Nähe zur Ernährung entstanden, weil die Menschen wieder Zeit in die Zubereitung investiert, Gerichte ausprobiert und sich für die Mahlzeit Zeit genommen haben. Essen wurde zu einem genussvollen Akt.

Das sind die Food Trends 2022 - HOTELMARKETING GRUPPE

 

Gesunde Ernährung für einen gestärkten Körper

Bedingt durch die Pandemie, geschlossene Lokale und die Notwendigkeit eines guten Immunsystems war die Gesellschaft gezwungen, sich mit gesunder Ernährung auseinanderzusetzen. Hierbei spielte der Konsum von regionalen und qualitativ hochwertigen Lebensmitteln eine tragende Rolle. Vielen wird zunehmend bewusst, dass ein gutes und gesundes Leben auch eine „gesunde“ Umwelt erfordert. Gesundheit und Nachhaltigkeit bedingen sich im neuen Verständnis gegenseitig und sind nicht mehr getrennt zu betrachten.

Im Fokus des Ernährungsverhaltens stehen nun auch die Ökologie, die Tierethik und soziale Aspekte. Der Verbraucher möchte wissen, woher ein Nahrungsmittel stammt, wie es angebaut wird, wie die Mitarbeiter behandelt und bezahlt werden und wie lange die Transportwege sind. Gerade bei letzterem wird dem Thema Regionalität neue Aufmerksamkeit geschenkt. Der Bedarf an Transparenz ist stark gestiegen, auf den bereits entsprechend reagiert wird. Die technischen Möglichkeiten wie das Internet, die weltweite Vernetzung, QR-Codes etc. lassen es zu, schnell die gewünschten Informationen über die Herkunft oder die Produktion eines Lebensmittels zu erhalten.

Zoom Drinking und digitale Verkostungen

Video-Calls sind durch den Lockdown nicht mehr nur eine akzeptierte Form für Business-Meetings, sondern verändern auch die Art und Weise, wie sozialen Events gestaltet werden. Das Feierabendbier wurde in geselliger Runde vor dem Computer getrunken und die Teilnahme an Workshops und Weinproben funktionierte aus dem eigenen Wohnzimmer. Obwohl digitale Formate Offline-Events niemals ersetzen können, wird die Zukunft durch eine Kombination aus beidem bestimmt sein.

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Hybride Events ergeben langfristig neue Wirtschafts- und Marketingfelder, die sich auch Gastronomen und Hoteliers zunutze machen können. Gerade der Kontakt mit Stammgästen kann von den neuen Möglichkeiten profitieren. Statt dem alt-bewährten Weihnachtsnewsletter können Sie Ihrem Stammgast beispielsweise ein Paket mit Dingen aus Ihrem Hofladen zusenden und ein gemeinsames Tasting vereinbaren. Denn diese Experiences sind es, die Kunden positiv überraschen und die Bindung stärken.

Take-Away statt Restaurantbesuch

Durch Corona hat das Take-Away-Geschäft deutlich an Bedeutung gewonnen und ist vom klassischen Pizza- und Asia-Sektor bis in die Spitzengastronomie vorgedrungen. Nach der Pandemie wird sich die Investition in diesem Bereich als wichtigstes zweites Standbein erweisen, gleichwohl das Take-Away den Restaurantbesuch niemals vom Thron stoßen wird. Diese Entwicklung hat jedoch auch Schattenseiten. Der Anspruch an Take-Away ist durch die größere Konkurrenz deutlich gestiegen. Gleichzeitig ist es ein Geschäft, das schwer kalkulierbar ist. Viele Gastronomen mag die zusätzliche Einnahmequelle freuen, doch die Küchenkapazität und die Mitarbeiterplanung, die häufig nur für das Inhouse-Geschäft ausgelegt sind, erreichen schneller als vermutet ihre Grenzen.

Um dem Nachhaltigkeitsanspruch Ihrer Besucher gerecht zu werden, sollten Sie dringend auf vermeidbaren Verpackungsmüll verzichten. Statt Plastikbesteck bieten Sie doch Holzbesteck an. Fragen Sie, ob Ihre Gäste tatsächlich eine Tüte für den Transport benötigen oder bieten Sie an, dass Ihre Gäste bei der Abholung selbst Mehrwegbehälter mitbringen können. Auch wenn nicht alle Ihre Besucher diese Option wählen werden, verdeutlicht sie doch Ihren Einsatz für die Umwelt und stärkt Ihr Image.

Entgegen der Müllverschwendung

Die Cradle-to-Cradle Philosophie und die sich weiterentwickelnde Vision der Sharing Economy sind die treibenden Kräfte hinter der Idee, Müll oder scheinbaren Müll nicht nur wiederzuverwerten oder zu recyceln, sondern gar nicht erst anfallen zu lassen. Schon in den letzten Jahren war die Bewegung Zero Waste sehr präsent, wurde durch Corona aber zusätzlich befeuert. Die Bestellungen, ob Online-Shopping oder Restaurant, und der dadurch entstandene Verpackungsabfall haben uns deutlich vor Augen geführt, welch großes Problem Müll darstellt.

Von der Wurzel an

Allein in der EU werden jährlich 88 Mio. Tonnen Lebensmittel verschwendet (Quelle: EU Parlament). Das entspricht einem Fünftel aller produzierten Nahrungsmittel. Fatal ist: Food Waste beginnt schon in der Landwirtschaft. Unförmige Früchte, die nicht den EU-Maßen entsprechen, werden rigoros aussortiert. Die Müllentstehung zieht sich weiter durch die Verarbeitung, wo Nebenprodukte wie bspw. Innereien keine weitere Verwendung finden, und den Großhandel, der durch seine Angebotsfülle bis in die späten Abendstunden mit hohen Lagerverlusten zu kämpfen hat. Gastronomen, der Einzelhandel und die Endkonsumenten sind nur die Spitze des Eisbergs.

Die Alternative: Upcycling

Die Cradle-to-Cradle Philosophie (engl. „von Wiege zu Wiege“, sinngemäß das Denken in Kreisläufen) und das Nose-to-Tail Konzept wirken vermeidbarer Müllentstehung entgegen. Innereien von Tieren können beispielsweise durch leckere Kompositionen wieder trendy gemacht werden, Haut und Fett geben Suppen und Eintöpfen eine geschmackvolle Note. Auch bei Obst und Gemüse können Reste, die eigentlich im Abfall landen, weiterverarbeitet werden:  Aus dem Grün der Radieschen, die es als Beilage zur Nachmittagsjause gibt, können Sie leckeres Pesto machen. Kartoffelschalen werden im Backofen mit etwas Öl und Gewürzen zu knusprigen Kartoffelchips. Da es früher eine Notwendigkeit war, die gesamten Lebensmittel zu verwerten, eignen sich besonders alte Rezepte von Oma oder Uroma, um die Müllentstehung so gering wie möglich zu halten. Sehen Sie sich einmal in alten Kochbüchern um und lassen Sie sich zu neuen Rezepten inspirieren. Auch bei Ihren Gästen wird Omas Küche gut ankommen.

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Local Exotics – Das kulinarische Paradoxon

Regionalität und Exotik schließen sich auf den ersten Blick aus, müssen sie sich aber nicht. Die Lockdowns haben nicht nur die Bedeutung lokaler Lebensmittelproduktion weiter verstärkt, sondern zugleich eine neue Sehnsucht nach kulinarischen Entdeckungen und exotischen Genüssen geweckt. Mango, Ingwer und Garnelen – Zutaten, die Gerichten das i-Tüpfelchen verleihen – sind jedoch weit entfernt von der gewünschten Nachhaltigkeit. Hier kommen Local Exotics zum Tragen.

Augenscheinlich exotische Lebensmittel werden regional angebaut, technisch möglich durch LED-Beleuchtung, Tröpfchenbewässerung und die Klimatisierung von Hallen. Lange Transportwege fallen weg und machen die Exoten klimaverträglicher – und sogar leckerer, da die wochenlange Lagerung wegfällt. Die späte Ernte ermöglicht ganz neue Geschmäcker.

Gerade für die Spitzengastronomie sind lokal angebauten Exoten ein spannendes Feld, nicht nur, weil sie ihren Gästen eine ganz neue Qualität bieten kann, sondern weil Local Exotics auch ein außergewöhnliches Verkaufsargument darstellen. Mit diesen besonderen Herstellern bzw. Lieferanten können und sollten Sie werben und diese auch in der Speisekarte vorstellen. Je persönlicher, desto besser. Zeigen Sie die Gesichter hinter der neuartigen Produktionsweise, wie diese funktioniert und mit welcher Vision dieser Betrieb entstanden ist. Noch kann nicht jedes Restaurant behaupten, dass seine Garnelen aus einer regionalen Zucht stammen.

Vielfalt für mehr Genuss und Verantwortung

Künftig geht es nicht mehr nur um die eigene gesundheitsbewusste Ernährung, sondern um eine verantwortungsvolle Esskultur, die auch die Gesundheit des Planeten einschließt. Die sogenannten Real Omnivores werden hierbei eine tragende Rolle spielen und das Essverhalten der Menschen entscheidend beeinflussen. Real Omnivores sind die Esser der Zukunft, die echten Allesesser. Sie sind neuen Entwicklungen im Foodbereich wesentlich aufgeschlossener als andere Essenstypen und suchen nach weiteren Möglichkeiten für eine ausgewogene, vielfältige und nachhaltige Ernährungsweise.

Fleisch aus dem labor

Ein bekannter Food Trend, der sich bereits in der breiten Masse gefestigt hat, sind Fleisch- und Milchalternativen. Spannender dagegen sind Cultered Meat und Fish. Fleisch und Fisch aus dem Labor klingt für viele immer noch wie eine Science-Fiction-Geschichte, wird aber bald schon die Zukunft bestimmen. Laut dem Food Report wird in 20 Jahren nur noch 40% des Fleisches von echten Tieren stammen. Massentierhaltung wird es nicht mehr geben, da sich diese 40% bestimmte Geschmäcker wie Wild, seltene Tierarten und alte Rassen beschränken. Das Massenfleisch wird gänzlich in einer Fabrik hergestellt werden.

Mehlwürmer, Heuschrecken und andere Insekten

Ein Food Trend, der schneller in der Gesellschaft ankommen wird, sind Insekten. Im asiatischen Raum sind die 6-Füßler bereits fester Bestandteil in der Ernährung, der Rest der Welt zeigt sich noch verhalten. Dabei muss es nicht immer das Insekt an sich sein. Verarbeitet zu Mehl können Insekten Verwendung in augenscheinlich normalen Produkten finden und so den Proteinbedarf der wachsenden Weltbevölkerung decken. Die Vorteile von Insekten sind beinahe endlos. Insekten sind das Bindeglied in unserer Ernährung zwischen Konsum und Nachhaltigkeit, gerade wenn es zu Food Waste kommt. Denn Insekten sind die einzigen Lebewesen, die aus Lebensmittelabfall hochwertiges Protein und hochwertige Fette herstellen können. Noch ist die Überwindung groß, dennoch werden Insekten eines Tages ein wichtiges Element in der modernen Ernährung sein.

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Dass Cultered Meat und Nahrungsmittel aber dennoch keine Idee für übermorgen sind, beweisen einige Restaurants bereits. Sie profitieren von der Neugier der Real Omnivores. Das Burgerrestaurant Hans im Glück testete beispielsweise in einigen seiner Filialen einen Burgerpatty, der zu 27% aus Büffelwürmern bestand. James & the Cook in Kiel bietet seit 2018 einen Mehlwürmer-Gemüse-Salat und Heuschrecken-Zimt-Schnecken an. Das Bistro in Vitro in den Niederlanden ist Vorreiter in Sachen Cultered Meat. Das Restaurant ist das erste weltweit, das Labor-Fleisch anbietet und nutzt dies erfolgreich für seine Vermarktung. Wenn Insekten und Co. auch nur irgendwie in Ihr Konzept passen – und sei es nur ein Gericht auf der Freitagstageskarte – möchten wir Sie dazu motivieren, dem Ganzen eine Chance zu geben. Gehen Sie neue Wege und heben Sie sich ab.

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Gesundheit und Nachhaltigkeit sind die Megatrends

Gesunde Ernährung ist mit der Krise ein neues Top-Thema geworden – und wird umfassender verstanden: Gesund ist nicht nur das, was für den Menschen gut ist, sondern auch für die Umwelt. Nachhaltigkeit ist damit ein entscheidendes Schlüsselthema für die Verbraucher von heute und bestimmt auch die Food Trends für 2022. Diesen neuen Wert heißt es nicht nur auf Produktebene zu denken, sondern im Unternehmen zu etablieren. Denn erst mit einer entsprechenden Haltung entsteht eine Glaubwürdigkeit, die Kunden von morgen ernst nehmen können und wollen.

 

TEXT/ Marcel Hajnal & Melinda Held
FOTO/ Totelbild: buffetcrush on Pixabay, 1. Bild: congerdesign on Pixabay, 2. Bild: Deeezy on Pixabay, 3. Bild: blandinejoannic on Pixabay, 4. Bild: primalfuture on Pixabay